20120102

[Oppenauer Gleitschirmflieger] Schwarz auf weiss

source: Oppenauer Gleitschirmflieger

Siegerehrungen und erstklassige Vorträge in Bild und Ton zur XC-Praxis

Kamerablick auf Oliver Teubert. Verfroren sieht er aus und bisschen neben der Spur. Schwenk nach oben, die Tragegurte und Leinen komplett vereist. „So ein Gschiss“, schimpft er vor sich hin. Dann besinnt er sich und spricht todernst in die Kamera. „Ja, eben hat es etwas geregnet und dann geschneit. Leider hat es mich beim Filmen in die Wolke gezogen. Beim Abspiralen ist mir dann noch das Sitzbrett gebrochen.“

Der Saal tobt vor Lachen. „Diese Bilder werden wir nicht öffentlich zeigen,“ stellt Charlie Jöst fest, "Dreharbeiten stellen eine Ausnahmesituation dar, wir warnen ausdrücklich vor Wolkenflug."  Der Filmemacher hat ein wunderbares „Making of“ des neuen DHV-Streckenflugfilms kreiert und zeigt Szenen, die normalerweise streng unter Verschluss gehalten werden. Geholfen hat dabei die „Creme de la Creme“ des lautlosen Flugsports wie die Deutschen Meister im Streckenfliegen Burkhart Martens, Oliver Teubert und Torsten Hahne sowie Drachenflugweltmeister Alex Ploner. Alex ist auch der Star des nächsten Filmbeitrags, dem spannenden Duell zur Deutschen Meisterschaft am Tegelberg zwischen ihm und Bob Baier.

Media_httpwwwoppenaue_gajiu

Der Sportlertag ist zu einer festen Institution geworden. Das Feedback war überwältigend, die Profis gaben ihre Geheimnisse preis und der XC-interessierte Pilot nahmen geballtes Wissen und Motivation mit nach Hause. Authentisch und mit urwüchsigem fränkischem Charme moderierte Ralph Schlöffel die Vorträge an und bereitete detailliert die Siegerflüge der Deutschen Meister auf. Ralph ist vom Fach, fliegt selbst erfolgreich im DHV-XC, wertet Flüge aus und bekleidet das Amt des DHV-Sportvorstandes.

Seit Jahren ein Garant für erstklassige meteorologische Vorträge. DHV-Wetterexperte Volker Schwaniz widmete sich dem Thema Turbulenzen, definiert durch massive kleinräumige, kurzlebige Änderungen der Windstärke und Windrichtung. Im Besonderen die thermische Turbulenz, denn starke Aufwinde gehen immer mit starken Abwinden einher. „Die Dosis macht das Gift“, sagt Volker. Anschaulich dazu die Simulation von Thermik (Thermik über erwärmter Platte. Versuche der Universität Minnesota) bei verschiedenen Gradienten. So zeigen sich bei einem mittleren Gradienten von 0,5 -0,8° sauber formierte Wirbelringe, großflächig und kräftig, gut zu nutzen, in ihrer Abfolge nicht zu lang, um dazwischen abzusaufen. Ein anderes Bild hingegen bei einem sehr starken Gradienten von größer 0,9°. Sehr starke schnelle Thermiken, extrem ruppig, kleinräumig und zerrissen, schwer zu zentrieren. Effektives Thermikfliegen wird deutlich gestört.

Der DHV-XC, die Deutsche Meisterschaft im Streckenfliegen, verzeichnete mit über 70.000 Einreichungen erneut ein Rekordergebnis. 3.500 Piloten sind mit 1.179.295 Kilometern praktisch 29 Mal um die Erde geflogen. Die Leistungen sind in schwindelerregende Höhen gestiegen. Mehrmals ist die 200 Kilometer-FAI-Marke gefallen. Drei 200er gehen auf das Konto von Uli Wiesmeier, der sich den Titel des Deutschen Meisters in der Offenen Klasse sicherte. Gefolgt von Vorjahressieger Daniel Tyrkas und Oliver Teubert, der letztes Jahr die Sportklasse gewann.
Das größte FAI-Dreieck vom Deutschen Paradeberg Hochfelln gelang Dietmar Siglbauer mit 235 Kilometer. Dafür musste er 9 Stunden  und 40 Minuten schuften. Der Lohn: die Deutsche Meisterschaft in der Sportklasse. Mit deutlichen Abstand auf Rang zwei Uli Straßer, auf drei Torsten Hahne, beide ehemalige Deutsche Meister.
Mit einem Rekordflug von 245 Kilometern im Deutschen Flachland holte sich Angela Dachs den Titel bei den Damen und gleichzeitig auch den Sieg bei der FAI-World-XC-Wertung. Auf den Plätzen zwei und drei Monika Mack und Annemarie Metzenroth.
Zu Zweit am weitesten flog Martin Böhringer, der auch die Newcomer-Wertung gewann vor Dominik Binner und Helmut Anding. Der jüngste und beste war Raphael Wolter. Die Bayerwäldler machten den Deutschlandpokal unter sich aus. Erwin Auer hatte die Nase vorn, dahinter Karl Bauer und Alexander Fischer.
Bester Verein die Tegernseer Drachen- und Gleitschirmflieger. In der Bundesliga spielten die Oppenauer am besten, vor Tegernsee und dem Turnverein Bissingen (Sparte Flugsport).
Beide Fun-Cup-Wertungen gingen an Matthias Haßlberger, zweiter und dritter in Airtime waren Josef Wurzer und Friedrich Kunert, Jürgen Voß und Thomas Sauter in Distance.

Markus Ebenfeld ist Deutscher Meister bei den Flexiblen vor Peter Waldmann und Georg Weinzierl. Markus ist außerdem Sieger in der FAI-World-XC-Wertung vor Günter Porath. Knapp das 300er FAI verfehlt hat Jochen Zeyer vom Kandel im Schwarzwald. Als Trost gab’s die Deutsche Meisterschaft bei den Starrflüglern und den Deutschland-Pokal dazu. Vize ist Frank Schmid, gefolgt von Dieter Müglich. Die Plätze zwei und drei im Deutschland-Pokal belegen Roland Wöhrle und Bernd Otterpohl. Bernd hat die Packtechnik seines Starren perfektioniert, um mit dem Zug zurückzukommen. Denn irgendwann hat auch der geduldigste Rückholer die Nase voll.

Anscheinend hat Corinna Schwiegershausen die Deutsche Meisterschaft gepachtet , zum fünften Mal gehört ihr der Titel. Neu dabei und sehr erfolgreich ist Melanie Fricke, seit Jahren bester Junior Tim Grabowski. Wie immer, nämlich fünf Jahre in Folge, haben die Ruhpoldinger die Vereinswertung errungen. Bundesliga Spitzenreiter ist die Wasserkuppe vor Achental und Ruhpolding. Klaus Kilberth flog mit Turm am weitesten und längsten, in der Distance auf zwei und drei Siegfried Zeller und Alfred Aigner, in der Airtime Winfried Oswald und Timo Andree.


Leistung lohnt sich. Großzügige Sponsoren und der DHV bedachten die Sportler mit wertvollen Preisen von Hi-Tech-Varios über schnittige Helme bis zu hochwertigen Fliegerstiefeln und vieles mehr.

Im German Cup siegten Martin Risse, Rolf Igelmann und Christoph Limpert. Beste Dame war Nina Zinke. Den Sonderpreis für für den besten Teilnehmer mit einem Gerät der Klasse 2 erhielt Josef Kather. Die Drachenliga dominierten Stefan Kohlmeister, Heiko Tandeter und Frank Frankus.

„Daniel fliegt New School“, sagt sein Freund, aber auch härtester Konkurrent Uli Wiesmeier. Immer dem Routen-Pfeil im Vario auf den nächsten Wendepunkt nach, direkte Linie, nach Möglichkeit ohne Umwege. Wie das geht, zeigte Daniel Tyrkas in seinem Vortrag „Taktik beim Streckenfliegen“. Für die Planung eignet sich hervorragend der XC-Planer, den Tom Payne, X-Alps Teilnehmer 2009, entwickelt hat. FAI-Dreiecke lassen sich mit ihren Wendpunkte-Sektoren von jedem beliebigen Berg online planen, nach Bedarf verschieben und die Koordinaten zum Upload auf das Fluggerät ermitteln. Ins Eingemachte ging Daniel, als er im Detail sein 215 Kilometer FAI-Dreieck vom Wank in Google Earth nachflog. Zwei Mal war er nah am Landen, hat über sich an Prallhänge gerettet und ist von unten wieder aufgesoart. Muss man schon äußerst zäh  sein, um sich aus solchen Löchern wieder rauszukämpfen. 


Alex Ploner war nicht nur Star in Charlies Filmbeiträgen. Der Weltmeister gab sich auch persönlich die Ehre und gestattete Einblick in seinen reichen Erfahrungsschatz. Sein Credo: „Fliegen muss Spaß machen!“ Ein guter Freund - Guido Gehrmann, selbst Drachenflugweltmeister - habe ihm geraten: „ Wenn der Spaß vorbei ist, kommt nichts mehr.“ Mit dieser Einstellung hat er kleine Tiefen überwunden und ist immer wieder an die Weltspitze (dreimaliger Weltmeister) zurückgekehrt. „Kleine Fehler sind unbedeutend, Ihr müsst darüber hinwegsehen, positiv und ruhig blieben. Dann spart ihr Energie, die Ihr an der entscheidenden Stelle braucht.“ Alex Ploner wirkt vollkommen natürlich. Keine Spur von Verbissenheit oder übertriebenem Ehrgeiz. Er liebt das Fliegen, zufällig liebt es auch ihn und deshalb gewinnt er so oft.

Spannend, informativ und unterhaltsam waren die Vorträge. Die Deutschen Meister persönlich zu treffen und mit ihnen zu feiern, war auf jeden Fall eine Reise wert. Im Februar kommen die Vorträge ausführlich als Artikel im DHV-Info.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen